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  • AutorenbildJoerg Nicht

Instant-Geschichten auf Instagram


Instagram hat gestern ein neues Feature eingeführt: Mit der Stories-Funktion kann man nun auch die weniger perfekten Bilder und Filme – Momentaufnahmen eben – posten. Nach 24 Stunden werden sie gelöscht. Das, was bisher auf Snapchat zu finden war, soll nun auch auf Instagram zu sehen sein. Nach der im März erfolgten Ankündigung, die Anzeige der Bilder nach Relevanz zu steuern, vollzieht Instagram damit eine zweite große Veränderung innerhalb weniger Monate.

Bei einer Podiumsdiskussion im Februar sagte Heiko Hebig, Mitarbeiter von Instagram und Facebook Deutschland, Instagram und Snapchat könnten nebeneinander bestehen. Ich verwies in der Gesprächsrunde darauf, dass Snapchat ein ernstzunehmender Konkurrent für Instagram sei: Nicht nur, dass die Nutzer die Zeit für das Anschauen der Snapchat-Stories nicht mit Instagram verbringen. Nein, Snapchat hat auch eine Kernidee von Instagram übernommen – das visuelle Erzählen von Geschichten. Mit Apps wie Stellar oder Polaroid Swing ist das zwar ebenfalls möglich, erreicht aber (noch) nicht die Breitenwirkung von Snapchat.

Kurz nachdem Instagram die Öffentlichkeit darüber informierte, dass es nun auch eine Stories-Funktion gebe, wies Dan Rubin auf ein Problem dieser Strategie hin: Der enorme Erfolg vieler Apps sei darauf zurückzuführen, dass sie oft nur eine einzige Funktion erfüllen, diese jedoch sehr gut. So haben sich verschiedene Soziale Netzwerke für spezifische Interessen entwickelt. Im Kampf um Aufmerksamkeit werde dieses Prinzip aber nicht beachtet. Stattdessen integrieren die einzelnen Apps immer neue Funktionen und werden damit unnötig kompliziert.

Wer sich die Entwicklung von Yahoo anschaut, kann sehr gut nachvollziehen, wo das Problem liegt, wenn man ein Universalportal sein will. Begonnen hatte Yahoo damit, mithilfe thematischer Listen Ordnung in das prinzipiell dezentral organisierte Internet zu bringen. Wer heute Yahoo aufruft, findet eine etwas chaotisch anmutende Seite vor, die alle möglichen Dienste anbietet. Der Währungsrechner ist vielleicht der interessanteste Dienst. Das Monopol von Suchen und Finden hat bekanntlich Google übernommen mit seiner schlichten weißen Homepage, einem Logo und einem Suchfeld als Symbol dafür, dass man die Welt in ihrer Komplexität beherrschen kann.

Genau wie Google hat Instagram Bilderdienste durch Einfachheit revolutioniert: Ein Foto hochladen, mit oder ohne Filter, anderen Nutzern folgen, deren Bilder liken und kommentieren. Das war es auch schon. Die App lief stabil und ließ sich beim Start 2010 auf den viel kleineren iPhone-Bildschirmen benutzen. Die Flickr-App war das genaue Gegenteil: Kompliziert und instabil, von der Benutzung auf einem Desktop her gedacht. Die einfache Handhabung ist wohl auch ein Grund, warum aus Instagram ein soziales Netzwerk wurde, dessen Nutzer sich zu Instawalks treffen, auf denen auch „gesnappt“ wird.

Die einfache Funktionsweise von Instagram lud viele Nutzer förmlich dazu ein, ihren Tagesablauf zu illustrieren oder von ihrem Leben zu erzählen. Mit der zunehmenden Professionalisierung der Bilder ist dieses Element auf Instagram in den Hintergrund getreten. Von ihrem Alltag erzählen Instagrammer nun lieber auf Snapchat. Die Behind the Scenes-Story bekäme an sich zu wenige Likes; sie scheint aber notwendig zu sein, um den Bildern auf Instagram Glaubwürdigkeit und „Authentizität“ zu verleihen. Vor diesem Hintergrund ist es nur konsequent, dass Instagram versucht, die alltäglichen Geschichten wieder auf die eigene Plattform zu holen und in die App zu integrieren. Vielleicht hat es mit einem Besinnen auf die Kernidee zu tun, wenn Instagram sogenannte Stories einführt. Damit wird klar, dass der Fokus wieder stärker darauf gelegt werden soll, Geschichten zu erzählen und nicht nur einzelne Bilder hochzuladen. Dass Instagram dafür abermals eine andere App imitiert und deren Funktion integriert, ist freilich auch ein Risiko. Ich bin auf jeden Fall gespannt darauf, wie sich diese neue Funktion entwickelt und was die Nutzer damit anfangen. Als Vorteil könnte sich erweisen, dass die Qualität der Instant-Videos auf Instagram besser ist als auf Snapchat. Aber spart man sich deshalb auch schon den Weg zu Snapchat?

Jetzt gibt es Fisch

Heute morgen gab es Fisch zum Frühstück. Was gibt es morgen?

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