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  • AutorenbildJoerg Nicht

Fakefollower, Bots und Pots - Unilever positioniert sich


Soziale Netzwerke sind zu einem Ökosystem geworden, in das viel (Werbe-)Geld fließt. Daran war noch nicht zu denken, als ich Anfang Oktober 2010 meinen Instagram-Account anlegte. Vor allem dachte ich damals nicht daran, mit meinem Account Geld zu verdienen. Noch heute ist es nicht immer leicht, Leuten zu erklären, was genau ich tue und wie man mit Instagram Geld verdienen kann.

Soziale Netzwerke schienen lange ohne Regulierung oder gar Regeln zu funktionieren. Einerseits wurde oder wird Werbung gepostet, ohne sie als solche zu kennzeichnen. Andererseits steigern viele Accountbetreiber die Preise, die sie von Firmen für Produktplazierungen verlangen, durch Followerzukauf und simuliertes Engagement. Unternehmen und Agenturen buchen diese Accounts jedoch nach wie vor.

Dass Werbung kennzeichnungspflichtig ist, scheint noch immer nicht jedem in Deutschland klar zu sein. Auf der Content Creation Week der Blogfabrik Berlin erzählte Stefanie Lefeldt, Referentin für Recht und Regulierung bei der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB), dass bei Verstößen gegen die Kennzeichnungspflicht von Werbung die Accountbetreiber kurzerhand angeschrieben werden. Die Reaktionen darauf sind bemerkenswert. Auf die Frage, weshalb ein Instagram-Post nicht als Werbung gekennzeichnet sei, kam etwa die Antwort, man dachte, am Wochenende müsse nicht gekennzeichnet werden.

Bei den gegenwärtig in Deutschland verhandelten Fällen von Schleichwerbung geht es aus meiner Sicht um die Frage, was redaktionelle Tätigkeit ist und was Produktplatzierung. Als ich in der letzten Woche die Spiegelung eines Hauses gepostet habe, auf dem eine Ray Ban-Leuchtreklame zu sehen ist, war ich mir in Anbetracht des aktuellen Falles von Vreni Frost nicht sicher, ob das nicht auch als Werbung verstanden werden kann. Ray Ban bevorzugt zwar Motive im Cabrio, gegen die Sonne fotografiert. Und ich habe Ray Ban weder im Text noch im Bild verlinkt. Aber es bleibt die Frage, ob eine schlichte Verlinkung bereits eine werbliche Aktivität darstellt und gekennzeichnet werden muss. Wer darauf eine genaue Antwort hat, möge mir schreiben.

Seat Leon Cupra R

Seat Leon CUPRA R. Das Foto entstand für CUPRA und wurde auf Instagram gekennzeichnet mit dem Partnerschaftstool von Instagram sowie als Werbung in der Bildunterschrift.

Die Verunsicherung durch das Wettbewerbsrecht ist, soweit ich es überblicken kann, vor allem ein deutsches Problem. Demgegenüber scheint die Frage nach Fakefollowern etc. international bedeutsam zu sein. Der Konzern Unilever hat nun angekündigt, nicht mehr mit Influencern zusammenzuarbeiten, die Follower kaufen, und selbst auch keine Follower zu kaufen. Diese Meldung hat insofern besonderes Gewicht, als Unilever den zweithöchsten Werbeetat der Welt hat. In der Werbeabteilung des Konzerns ist man offensichtlich nicht mehr gewillt, Geld in etwas zu investieren, das nur scheinbar existiert, nämlich scheinbare Reichweite.

Influencer genießen Vertrauen. Ob das Wort "authentisch" auf das Tun von Influencern passt, sei dahingestellt. Denn bei der Vielzahl von Inszenierungen, die vorgenommen werden, um das schöne Leben zu zeigen, könnte man wohl eher von "konstruiert" sprechen. Aber es ist eben doch Vertrauen da, dass ein Infuencer das Produkt, dass er präsentiert, auch gut findet. Man vertraut der Person. Wenn ich für eine längere Zeit für einen Kamerahersteller oder Smartphone-Hersteller tätig bin, sollte ich deren Produkte auch tatsächlich nutzen. Gelegentlich werde ich gefragt, ob ich mit den Lumix-Kameras auch fotografiere und welche Kamera ich normalerweise nutze. Für mich ist das immer ein Zeichen dafür, dass das Vertrauen in Influencer abnimmt, vielleicht auch schon verspielt wurde.

In einem Beitrag des WDR kommentiert Masha Sedgwick das Thema Fakefollower und simuliertes Engagement: „Ich glaube, es wäre ziemlich naiv zu erwarten, dass alle mit fairen Mitteln spielen. In welcher Branche ist das schon so?“

Keith Weed, der Marketingchef von Unilever, nimmt aber neben den Influencern auch die Plattformen in die Pflicht, auf denen Influencer überlicherweise tätig sind. Gemeint sind wohl Facebook und Google. Sie müssten gegen unlautere Praktiken etwas tun, fordert Weed. Das bedeutet auch, dass bislang nicht genug getan wurde, obwohl etwa in den offiziellen Geschäftsbedingungen von Instagram steht, dass Followerkauf verboten ist.

Unilever gibt letztlich mit der Meldung zu verstehen, dass ein massives Problem mit unlauterem Wettbewerb besteht. Selbst Unternehmen kaufen Follower für ihre Social-Media-Kanäle. Wäre es anders, müsste nicht betont werden, dass das Unternehmen (künftig) keine Follower kaufen möchte.

Obwohl schon einige Jahre über diese Fragen diskutiert wird, ist derzeit noch nicht absehbar, in welche Richtung die Diskussion geht und inwieweit eine Regulierung erfolgen wird. Die Wortmeldung von Keith Weed ist sicher hilfreich für alle Beteiligten, weil sie nicht allein die Influencer verantwortlich macht für ihr Fehlverhalten. Wie gebräuchlich unlautere Praktiken unter Influencern sind, macht mich allerdings immer wieder stutzig.

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