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  • AutorenbildJoerg Nicht

Fotos der Woche

Soziale Netzwerke wie Instagram sind vor allem als Selbstdarstellungsplattformen erfolgreich. Trotzdem gibt es auf ihnen auch fotografisch noch immer eine Menge zu entdecken. Ich schaue mir täglich viele Postings an und markiere sie mit "Gefällt mir". Aber an welche Fotos erinnere ich mich auch nach einiger Zeit noch? Über welche Bilder denke ich länger nach? In meiner Rubrik „Fotos der Woche“ möchte ich Euch Bilder vorstellen, auf die ich in der letzten Zeit aufmerksam geworden bin, die mich berührt oder beschäftigt haben.


Hinweis: Da manche Bilder von den Accountbetreibern gelöscht werden, zeige ich die Screenshots mit Quellenangabe und – wenn möglich – einem Link zur Homepage des Accountbetreibers.


Parallele Linien


Das Bild von Marty Vazquez (@martyvazquez01) aus Mexiko trägt den Titel „Líneas Paralelas“. Zu sehen sind vier schwarze Streifen vor einem orangenen Hintergrund, zwischen zwei Streifen steht ein Mann mit Hut. Die Streifen sind nicht ganz gerade. Ob die Streifen Säulen sind, weiß ich nicht. Wieso könnten diese Säulen dort so überhaupt stehen? Ich kenne den Ort Chiapas nicht, der mit dem Bild verknüpft ist. Wenn man ihn auf Instagram aufruft, bekommt man die heute übliche Mischung aus Personen in Landschaften zu sehen, aber nicht diese Säulen.

Das Bild besticht durch die schlichte Komposition mit nur einer Farbe (Orange), die das Schwarz kontrastiert. Der Hut mit breiter Krempe ist für mich der einzige Hinweis auf den Ort oder besser gesagt: die Region, in der das Foto aufgenommen worden ist.

Mir ist das Bild wegen der einfachen Komposition in Erinnerung geblieben und auch wegen der reduzierten Farben. Und die Körperhaltung des Mannes finde ich spannend, scheint er doch in Richtung Kamera zu blicken.



Bewegter Untergrund


„Undergroundmovement“ – das ist der Titel eines Bildes von @poelden. Im Vordergrund ist eine Person unscharf zu erkennen. Es ist vermutlich ein Mann, weißhaarig, in einer Winterjacke, der fast ein Viertel des Bildes einnimmt. Er läuft von links nach rechts durch das Bild. Dahinter ist eine Münchner U-Bahn zu sehen – an ihrer markanten Lackierung gut zu erkennen, auch wenn es sich um ein Schwarz-Weiß-Foto handelt. Der obere Teil des Bildes (fast die Hälfte) ist schwarz, nur durch die Linie der Lampenreihe gebrochen. Erst beim genauen Blick auf die leicht strukturierte schwarze Fläche und auf die Lampenreihe wird deutlich, dass das Bild scharf ist, denn Mann und U-Bahn sind es nicht.

Auf diese Schärfe-Unschärfe bin ich zunächst aufmerksam geworden. Denn erst dachte ich, dass Bild ist einfach unscharf, was mich nicht gestört hat, weil ich die Bildaufteilung gut fand – mit dem Mann, der zwar unscharf ist, von dem man aber genug erkennt. Aber es ist nicht nur diese Person im Bild, sondern noch ein zweite: Ein Mann, vermutlich mit Oberlippenbart, sitzt am Fenster des Zuges und schaut in Richtung Kamera. Vielleicht schaut er auch in Richtung des vorbeilaufenden Mannes. Genau erkenne ich das nicht, weil der Zug in Bewegung ist. Hier sind also zwei Personen in Bewegung – der Mann, der nach rechts läuft, und der Mann in der vermutlich nach links fahrenden U-Bahn.


Aus diesen Bewegungen und den Linien von Zug und Beleuchtung, die nach links auseinander laufen, erhält das Bild seine Dynamik. Seine Intensität bekommt die Aufnahme aber für mich dadurch, dass der Mann im Fenster in Richtung Kamera blickt. Dieser Blick ist aber nur angedeutet. Und mein Blick geht immer wieder über die Schulter des Mannes hin zu dem, der durch das Fenster schaut. Das Streetphoto sticht aus dem Feed von @poelden heraus. Sonst postet er Portraits – ebenfalls in Schwarz-Weiß. Aber vielleicht zeigt sich genau in dem Fokus auf die Personen der Portraitfotograf?



Im Rampenlicht


Noch ein Foto in Schwarz-Weiß, aufgenommen von Björn alias @polaroidville, einem Berliner Fotografen: Zwei Hochhäuser sind zu sehen, über dem rechten Haus schwebt eine Wolke, die es fast zu berühren scheint. „Spotlight“ ist der Titel des Bildes. Das obere Viertel besteht aus Himmel, der zu zwei Dritteln von dem Kondensstreifen eines Flugzeugs durchzogen wird. Auch das Flugzeug kann man gerade noch so erkennen.

Die Perspektive auf den Potsdamer Platz war es, die mich für das Bild eingenommen hat: Von wo aus sind die Häuser aufgenommen? Oder ist es gar nicht der Potsdamer Platz? Es ist das Beisheim-Center, gesehen in einer für mich ungewöhnlichen Weise.

Auf den zweiten Blick zeigt sich eine Fülle an Details. Fünf Fenster des linken Hochhauses spiegeln Licht. Warum tun sie das und die anderen Fenster nicht? Ein Teil des rechten Hauses wird durch die Sonne beschienen. Auf dem linken Haus sind die Buchstaben B und C zu lesen (für Beisheim Center), was mir vorher gar nicht aufgefallen war. Der Kondensstreifen des Flugzeugs ist so filigran, dass ich ihn auch erst später entdeckt habe. Wahrscheinlich am meisten fasziniert mich der Kontrast zwischen den Häusern und der wie eine Feder wirkenden Wolke.


Aus meiner Sicht spielt der Fotograf hier mit einer Erwartung: Normalerweise sind bei Architekturaufnahmen die Gebäude ausgeglichen beleuchtet. Dagegen wird hier nur ein Teil eines Gebäudes von der Sonne beschienen, der Rest ist im Dunkeln, wobei einige Fenster Licht reflektieren. Björn kontrastiert geschickt steinerne Architektur und federleichte, wenngleich vergänglicher Natur (Wolke). Schon wenige Augenblicke später hatte die Wolke wahrscheinlich eine ganz andere Position. Das Bild hätte dann nicht diese Wirkung entfaltet. Es wurde genau im richtigen Moment aufgenommen.


Hast Du ein interessantes Foto entdeckt? Schicke mir eine e-Mail mit den Link zum Bild!

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